Samstag, 15. Januar 2011

Neo-FKK - ein neuer Trend?


Wadi-Art (c)

NEO-FKK – ein neuer Trend?
Als FKK-Urlauber bekleidet sein? Auf der eigenen Campingparzelle? Im Restaurant? Bei Sport und Spiel? Beim Gang zum Strand oder sogar am Strand selbst, wenn einem gerade danach ist?

Die Freikörperkultur als eine Lebensart in Harmonie mit der Natur, ausgedrückt in der gemeinsamen Nacktheit? Fast scheint es als ob sich diese Definition totgelaufen hätte, wenn man auf die Ausgestaltung der vielen naturistischen Ferienangebote blickt.
Auch die Bewegung des Naturismus und die darum gruppierten Organisationen können die Augen vor den neuen Entwicklungen in der Gesellschaft nicht verschließen. Die verbindliche Zugehörigkeit zu einer Gruppe mit gemeinsamen Normen ist out, Individualismus – keine Vorschriften und Konventionen von keiner Seite und schon gar nicht im Urlaub - ist oft die heutige Devise.
Herr S., seit 42 Jahren Dauercamper in Kroatien beklagt die verlorene Nacktheit . „Früher war unsere Nacktheit eine Art der Revolution, ein Aufstand  gegen die herrschende körperfeindliche Gesellschaft!“ – „Die Frage, ob sich jemand im FKK-Gelände textil zeigt, stellte sich überhaupt nicht – wer textil war, gehörte nicht zu uns!“ Noch glaubt Herr S. daran, dass es nach wie vor „richtige“ Naturisten gibt, die sich nicht vom Trend zur modernen Angezogenheit verleiten lassen. Auf meine Frage, was er glaube, was hinter diesem Trend steckt, ist sich Herr S. sicher – „Modismus“ ist seine Erklärung dafür – man will auch am FKK Strand zeigen, was man hat, die natürliche Nacktheit hat ihren Reiz verloren.
Und tatsächlich könnte da etwas dran sein – am Beispiel von Valalta lässt sich das schön verdeutlichen.
Valalta bei Rovinj ist eine wunderschöne, 90 Hektar grosse FKK Anlage mit über 6000 Urlaubsgästen bei Vollbelegung. Hier wird etwas für den Urlaubsgast getan – kein Jahr ohne Investitionen in die Anlage – 2010 wurden viele Wege erneuert, Wasserspielgeräte mit einem grossen Eisberg in zwei Buchten aufgestellt, alle Bungalows mit FlatTV´s ausgerüstet. Auffallend viele neue Pflanzen wurden gesetzt und zehn neue Mobilheime mit Holzterrasse mit Blick über die Bucht errichtet. Ein großes und umfassendes Animations- und Ausflugsprogramm lässt fast keine Wünsche offen.
Fr. Maric / Valalta
Dabei ist die gesamte Anlage FKK und große Schilder am Hafen und bei der Einfahrt verkünden, dass Textilgäste „unerwünscht“ sind. Dabei ist „unerwünscht“ auf dem Schild die deutsche Übersetzung von „not allowed“ im englischen, was die geforderte Nacktheit noch mehr unterstreicht. Die Schilder scheinen jedoch aus einer anderen Epoche zu stammen – die Nacktheit schwindet mehr und mehr… Ein Anlass für mich die Direktion der Anlage um ein Interview zu bitten. Sehr professionell und prompt wird mir ein Termin mit Frau Tanja Maric vorgeschlagen, die für die Öffentlichkeitsarbeit in Valalta zuständig ist.
Frau Maric sagte mir, dass früher wesentlich mehr und strenger kontrolliert worden sei, doch die Gäste würden Vorschriften bezüglich Nacktheit zunehmend weniger tolerieren. Heißt es in der Anlagenordnung noch, dass Kinder und Jugendliche bei der Wasserrutsche bekleidet sein dürfen, ist dies mittlerweile in der gesamten Anlage erlaubt. Eltern ziehen ihre Kleinkinder mit kompletter Badebekleidung an, weil sie – so Frau Maric - Angst haben, dass Fotos oder Filme ihrer Kinder im Internet landen könnten; Sportler, die laufen oder Beachvolleyball spielen sind gut zur Hälfte mit dem entsprechend modischen Sportdress bekleidet und da die Beachvolleyballplätze neben der Strandbar liegen, wäre es doch vermessen, würde man verlangen, dass sich die Sportler für den Baraufenthalt ausziehen. Der einzige Bereich, sagte mir Frau Maric, wo noch kontrolliert werde, sei der direkte Strandbereich – in allen anderen Bereichen sei die Nacktheit möglich, aber nicht zwingend vorgeschrieben. Die von Frau Maric angesprochenen Kontrollen im Strandbereich konnte ich allerdings nicht wirklich wahrnehmen und der Begriff „Jugendlich“ scheint auch weit über das achtzehnte Lebensjahr hinauszugehen.

(c) Valalta

Im Bewusstsein des oben angetönten gesellschaftlichen Trends und der verständlicherweise kaufmännischen Orientierung von Valalta kann ich die Vorgehensweise der Anlage gut verstehen. Trotzdem bleiben einige Fragezeichen ob dieses Trends bestehen. Ich habe mit drei Südtiroler Mädchen im Alter von 16-19 gesprochen, die unisono der Meinung waren, dass die Anlage mehr für die Nacktheit tun müsse – „Es kann nicht sein, dass ich nackt auf einer FKK Anlage bin und dann von vier 12-16jährigen Jungen mit zwei oder noch mehr Badehosen an  beim Duschen angestarrt werde“, sagt Julia aus Bozen. Auch die versammelte textile Jugend auf einem Ponton trägt nicht zum Wohlfühlfaktor der anderen nackten Besucher bei – vorallem nackte Kinder sind kurz auf der Plattform, fühlen sich dann aber unwohl und verlegen ihre Aktivitäten in andere Bereiche der Anlage oder ziehen sich eben etwas an.
Eine Ferienanlage will natürlich keine Gäste vergraulen oder verlieren – ob aber junge Gäste, die sich bis zur Volljährigkeit nie ausgezogen haben, dann im erwachsenen Alter die idealen FKK-Gäste werden, scheint mir mehr als fraglich – insoferne könnte der lässige Umgang mit dem „Produkt Nacktheit“  sich auch betriebswirtschaftlich für die Anlagen mittelfristig als negativ erweisen.
Doch der Vorwurf oder die Frage der Entwicklung des „Neo-FKK“ ist nicht nur an die Anlagenbetreiber zu richten, sondern durchaus auch an die Gruppierungen und Organisationen, die sich dem Naturismus verschrieben haben.  Die Frage, ob die politische Arbeit der Verbände – allen voran der INF mit seinen Föderationen – ausreicht, bzw. in die richtige Richtung geht, scheint mir eine wichtige zu sein.
Ich persönlich habe manchmal den Eindruck, dass zuwenig Öffentlichkeitsarbeit geschieht, zuwenig fundierte Mitgliederwerbung gemacht wird und auch zuwenig auf aktuelle Entwicklungen in der Gesellschaft eingegangen wird.
Ein kleiner  FKK-Verein, der horrende Aufnahmegebühren verlangt, keine Besucherkarten anbietet und Kinderlärm nicht erträgt, wird zwangsläufig überaltern und irgendwann sterben – dann aber zurecht!
Ich habe ganz bewusst meine Gesprächspartner im Urlaub immer nach dem INF und seinen Landesorganisationen gefragt – vielleicht habe ich mit den falschen Leute gesprochen, aber keiner, leider wirklich keiner kannte die Naturistenföderation, bzw. war selbst Mitglied – da kann doch etwas nicht stimmen?
So fragt sich ein um die Zukunft des Naturismus besorgter,
Mike aus Tirol

5 Kommentare:

  1. Im FKK Freunde Forum wird über diesen Artikel hier diskutiert:
    http://www.fkk-freun.de/viewtopic.php?t=22432&postdays=0&postorder=asc&start=0

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  2. Valalta hat sich geändert !!!
    seit Sommer 2011 gibt es einen zusätzlichen Beachboy der an der Rutsche und in dem kleinen Pool für Nacktheit sorgt
    und die Hausordnung von Valalta (http://www.valalta.hr/deu/hausordnung.asp) wurde für 2012 geändert:
    Die Ferienanlage Valalta ist ausschließlich für Naturisten vorgesehen.
    a) Schwimmen, Sonnenbad und Aufenthalt am Strand/am Schwimmbad in Kleidung ist verboten.
    b) Für Minderjährige bis 11,99 Jahren ist Bereich am Strand markiert, wo der Aufenthalt in Kleidung toleriert wird.

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  3. Das mit dem Bereich bei der Rutsche ist korrekt, doch diese "250 Meter" mit der ganzen Küstenlinie von Valalta zu vergleichen finde ich sehr gewagt... Und der Punkt b. stimmt sicher nicht - eigentlich ist Valalta (bis auf den Bereich an der Rutsche!) ein Clothing optional Ressort und zwar auch am Strand. Valalta hat viel zu sehr Angst, Gäste zu verlieren um einen harten FKK Kurs zu fahren!

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  4. Punkt b (Für Minderjährige bis 11,99 Jahren ist Bereich am Strand markiert, wo der Aufenthalt in Kleidung toleriert wird.)
    war auch als Aushang im letzten Sommer an den Waschhäusern zu lesen und auf meine Nachfrage an der Recepzion wurde mir gesagt ab 12 Jahren ist FKK pflicht.
    Man kann Punkt a und b aber auch auf der Internetseite von Valalta unter Hausordnung nachlesen
    http://www.valalta.hr/deu/hausordnung.asp

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  5. Wir haben bereits in einem Posting auf diese Veränderung hingewiesen - siehe:
    http://naturistenverband.blogspot.com/2011/07/valalta-2011-ein-schritt-in-die.html#more

    Natürlich werden wir Euch auch 2012 wieder auf dem laufenden halten, was in Valalta (und sonstwo) passiert!!

    Euer Mike vom ÖNV

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