Montag, 27. Juni 2011

Sehnsucht nach Natur

Wer kennt sie nicht von uns, zumindest vom Hörensagen – die strengen Naturistenvereine, welche Alkohol, Fleisch und Rauchwaren von ihren Plätzen verbannt haben? Dort, wo nach eigener Aussage, Naturismus nicht als Feriennacktheit gelebt, sondern als alternativer Lebensstil praktiziert wird.


Und auch wenn diese Vereine oft belächelt werden – sie haben guten Zulauf und seien wir doch ehrlich: Hat nicht auch jeder von uns irgendwo eine Sehnsucht in sich nach einem anderen, einem besseren Leben? Einem Leben, wo wir unabhängiger sind von der ganzen modernen Welt mit allen ihren Erleichterungen, die uns aber dann doch oft genug Fesseln anziehen. Einem Leben, wo wir es auch schaffen, ökologischen Überlegungen mehr Raum zu geben – quasi von selbst, ohne dafür im Biosupermarkt viel Geld ausgeben zu müssen. Einem Leben mit einem engeren Kontakt zur Natur und zu den Jahreszeiten, die an uns fast irgendwie vorüberziehen, weil wir uns die meiste Zeit in gleichmässig klimatisierten Räumen aufhalten und die Ferienzentren vor Beginn der Saison von „lästigen“ Tieren „gereinigt“ werden?

So einen Traum hatte auch Klaus, den ich euch heute vorstellen möchte – wohl ein bisschen Aussteiger, oft genug wahrscheinlich belächelt und trotzdem hat er mich tief beeindruckt und ich spürte in mir die erwähnte Sehnsucht, als ich mir sein Leben und seine Umgebung angesehen habe. Klaus, Jahrgang 1959, hat im Jahr 2007 einen kleinen Bauernhof in Mecklenburg-Vorpommern gekauft und bewohnt und bewirtschaftet diesen mit seiner Frau und seinen drei Kindern. So gut es geht, versorgt sich die Familie selbst und die Arbeit auf dem Hof wird fast ausschließlich von Hand erledigt. Klaus versucht in der Natur einen geschlossenen Kreislauf zu etablieren, bei dem alles, was herausgenommen wird, auch wieder ersetzt wird – so schreibt Klaus:

„Damit der Kreislauf geschlossen ist, muss alles dem Land wieder zurück gegeben werden. Wenn ich für die Tiere Nahrung angebaut habe, dann muss ich auch wieder Tierdung auf diesem Land ausbringen.“

Der Einsatz von Maschinen würde sich nicht rechnen – durch die erhöhten Kosten wäre die Familie gezwungen, mehr anzubauen, mehr zu vermarkten und mehr zu verkaufen – und genau das möchte Klaus nicht.

Ein zweiter, sehr großer und wichtiger Teil im Leben von Klaus ist die Nacktheit. Mit 20 Jahren entdeckt, wollte Klaus unbedingt immer mehr auf die störende Kleidung verzichten, auch und gerade bei der Arbeit. Klaus sagt dazu: „Vernünftig wäre es Kleidung zu tragen, wenn der Körper Schutz braucht, also zur Abwehr von Gefahren. Schutz vor Kälte, vor Hitze oder zum Beispiel  vor gefährlichen Maschinen und einiges mehr.“


Frei und naturverbunden sind die Stichworte mit denen er seine Nacktheit umschreibt. Zuerst nur für sich allein, dann zunehmend auch draußen, am Baggersee und beim Spazieren, dann aber auch Zuhause, auch wenn Besuch kam und bis zum heutigen Tag – fast durchgehend nackt. Dabei hat er seine Nacktheit nie als Provokation aufgefaßt, war aber zutiefst überzeugt, dass Nacktheit nicht anstößig oder unmoralisch ist. Die direkten Nachbarn haben sich an den Anblick von Klaus gewöhnt, doch eine lustige Episode erzählt Klaus, als er sein Haus renoviert hat.

„So stand ich wochenlang nackt hoch oben auf dem Baugerüst und war dort praktisch nicht zu übersehen. Auch die öfters vorbeifahrende Polizei übersah mich natürlich nicht. Sie beobachteten mich sehr genau. Natürlich kannten sie den Nackedei ihres Reviers längst und wussten, dass ich kein Exhibitionist bin, der sich zum sexuellen Lustgewinn anderen Menschen nackt präsentieren will. Hätten sie das anders gesehen, so hätten sie mich längst angezeigt und ich hätte mich vor Gericht verantworten müssen, weil Exhibitionismus nach dem Gesetz eine Straftat ist. Sie bewiesen aber Einfühlungsvermögen und schätzten mich vollkommen richtig als Nudist und Naturist ein, was nach dem Gesetz nicht strafbar ist. Die Polizisten sahen, völlig richtig, die öffentliche Ordnung nicht als gefährdet an und ließen mich daher gewähren. Mein Dank an die Polizei aus meinem Ort für ihre weitsichtige und korrekte Entscheidung.“



Was mich persönlich bei Klaus, seinem Leben und seinen Überlegungen am meisten beeindruckt ist aber die Tatsache, dass es bei aller Klarheit der Überzeugungen und der Umsetzung nie dogmatisch oder eng wirkt – Klaus imponiert als sympathischer Mann, oft genug querdenkend, der aber auch eine Fünf gerade sein lassen kann – und gerade das lässt seinen Lebensstil echt und wahrhaftig erscheinen.

Wer mehr über Klaus und sein Leben erfahren möchte, kann sein Blog unter www.klaus-59.de besuchen.

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